Gäste
Ein Einblick in die Gewitterwolken
Momentan ist es gewittertechnisch relativ ruhig, da sich recht stabile Luftmassen über Mitteleuropa breit gemacht haben. Da gibt es doch ein wenig Zeit, sich mal Gedanken um die Entwicklungsprozesse in Gewitterwolken zu machen.
Wir alle kennen sie – die Gewitterwolken oder auch den Cumulonimbus (cumulus = Anhäufung, nimbus = Wolke) genannt. Diese Wolkengattung hat eine enorme vertikale Ausdehnung und reicht nahezu über die komplette Atmosphärenhöhe und durchstößt manchmal die Tropopause in rund 14 Kilometern Höhe.
Mittlerweile wurden einige verschiedene Gewitterwolken untersucht. So entstehen mitunter Einzelzellengewitter, die nur aus einer einzigen großen Wolke entstehen, aber auch Mehrzellengewitter, die aus mehreren Gewittern entstehen und nicht selten eine zusammenhängende und organisierte Struktur besitzen. Und letztendlich gibt es noch die Königin unter den Gewitterwolken, nämlich die sogenannte Superzelle, die meist aus einer großen, aber rotierenden Gewitterwolke besteht.
Einzelzellengewitter sind dabei meist die harmloseren Varianten. Oftmals fallen diese auch wieder recht zügig in sich zusammen und halten selten länger als eine Stunde. Bei Mehrzellengewittern tritt oft eine linienhafte Anordnung von Gewittern auf. Dies ist vor allem im Sommer vor Wetterfronten der Fall, wenn kalte Luftmassen von Westen auf Deutschland übergreifen. Dabei kommt es hin und wieder mal vor, dass wenige 100 Kilometer vor der Wetterfront ein Bereich mit zusammenströmenden Luftmassen entsteht, der dann bei entsprechend hohem Feuchtegehalt in der Atmosphäre mächtige Quellwolken bildet und teils schwere Gewitter entstehen lässt. Bei der Entstehung von Superzellen braucht es vor allem ein weiteres wichtiges Kriterium. Nämlich eine starke Änderung der Windstärke und Windrichtung mit zunehmender Höhe.
In der heutigen Meteorologie lassen sich diese verschiedenen Gewittertypen recht schnell über Radare detektieren. Anhand der Ausdehnungen und Formen in den Niederschlagsechos sind diese meist einfach zu klassifizieren.
Durch verbesserte Möglichkeiten der Wetterradare lassen sich heutzutage sogar Rückschlüsse auf die Prozesse in Gewitterwolken ziehen. Unter anderem werden immer häufiger dual-polarisierte Wetterradare verwendet, die zwei verschiedene Impulse aussenden und damit einen Aufbau der Tropfen in vertikaler und horizontaler Ausdehnung erhalten. So lassen sich unter anderem auch gefrorene Partikel, Hagel, Nieselregen oder eben auch Schnee innerhalb von Wolken gut detektieren. Zusätzlich können auch die Auf- und Abwinde innerhalb von Gewitterwolken detektiert werden. Für eine gut organisierte Gewitterstruktur und eine Aufrechterhaltung des Gewitters sind getrennte Auf- und Abwinde sehr wichtig. Unter anderen können die vom Radar gemessenen Tropfenverteilungen Aufwindbereiche detektieren. Damit kann durchaus eine Abschätzung gemacht werden, ob sich das Gewitter weiter entwickelt oder im Auflöseprozess ist. Je nach dem wie stark diese Aufwinde sind, können solche Gewitter Hagelkorngrößen bis teils über 10 Zentimeter hervorbringen. Der jemals größte gemessene Hagelkorndurchmesser in Deutschland wurde am 6. August 2013 in Reutlingen gemessen und hatte 14 Zentimeter. Solche Geschosse treten nur in Superzellengewittern auf, die eine starke Trennung von Auf- und Abwinden haben. Dabei fallen die Hagelkörner immer wieder in den Aufwindbereich hinein und schmelzen, werden in größere transportiert, gefrieren und absolvieren diesen Prozess solange, bis sie nicht mehr oben gehalten werden können und fallen dann zu Boden.
Auch die Abwinde können in Gewitterwolken mitunter beträchtliche Auswirkungen haben. Wenn Regentropfen aus höheren Luftschichten zu Boden fallen, lassen sie einen Bereich mit kalter Luft entstehen. Diese kalte Luft muss dann am Boden ausweichen und kräftige Winde entstehen. So kam es auch am 14. Juni 2014 über Nordrhein-Westfalen bei Tief Ela zu einer Mehrzellengewitterbildung, die teils Orkanböen durch kräftige Fallwinde entstehen ließ. Dabei stürzten etliche Bäume um und brachten den Bahnverkehr teils zum Erliegen.